Provenienz: ein zunehmend wichtiges Thema
NS-Raubkunst, Cornelius Gurlitt, koloniale Kulturgüter – diese und andere Themen haben dazu geführt, dass Provenienzforschung in den Fokus des öffentlichen wie auch fachlichen Interesses gerückt ist. Provenienzforschung untersucht die Herkunft und (Besitz-)Geschichte von Kulturgütern im jeweiligen historischen Kontext. Sie gehört seit jeher zum Methodenkanon der Kunstwissenschaft, etwa im Zusammenhang mit Sammlungsgeschichte sowie Zuschreibungs- und Echtheitsfragen. Seit rund 20 Jahren wird in Deutschland verstärkt nach NS-Raubgut geforscht, in vielen Fällen ist es zu Restitutionen an die rechtmäßigen Eigentümer gekommen. Zudem rücken weitere Unrechtskontexte, in denen Kunst- und Kulturgüter entzogen wurden, mehr und mehr ins Zentrum der wissenschaftllichen Forschungen, wie zum Beispiel die frühere sowjetische Besatzungszone und die DDR sowie die ehemaligen deutschen Kolonien. Damit verbunden ist ein weltweit wachsendes Bewusstsein für das Kulturerbe (»Cultural Heritage«), dessen Definition und Schutz.
Neuer Masterstudiengang in Bonn
Der neue Masterstudiengang »Provenienzforschung und Geschichte des Sammelns« an der Universität Bonn hat sich zum Ziel gesetzt, Studierende für diesen dynamischen Forschungsbereich zu qualifizieren. Provenienzforschung wird hier als epochenübergeifende, transdisziplinäre Kontextforschung verstanden, die die Vielschichtigkeit der Werte aufzeigt, die Kunst und Kulturgütern in verschiedenen Gesellschaften, sozialen Konstellationen und auch von Individuen zugesprochen werden. Eng verbunden ist damit die Geschichte des privaten und institutionellen Sammelns, die einen weiteren Schwerpunkt des Studiengangs bildet. Die Lehrveranstaltungen nehmen alle Epochen und europäische wie auch außereuropäische Regionen in den Blick. Der im Fach Kunstgeschichte angesiedelte Studiengang wird von der im Jahr 2018 eingerichteten transdiziplinären Forschungsstelle Provenienzforschung, Kunst- und Kulturgutschutzrecht angeboten. Diese umfasst zwei kunsthistorische Professuren und eine juristische Professur sowie mehrere wissenschaftliche Mitarbeiter/innen. Das Team der Lehrenden ist international besetzt und hinsichtlich seiner Größe und unterschiedlichen Fachkompetenzen weltweit einzigartig. Die Lehrveranstaltungen im Pflichtbereich sind speziell für den Masterstudiengang konzipiert und werden durch die in dieser Disziplin langjährig erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gelehrt.
Interdisziplinär und praxisorientiert
Der Pflichtbereich des Studiengangs setzt sich aus vier Modulen im Bereich Kunstgeschichte sowie dem wissenschaftlichen Kolloquium und zwei Modulen im Bereich Rechtswissenschaften zusammen. Neben grundlegendem Wissen zur Provenienzforschung und zum Bürgerlichen Recht im ersten Semester wird in den folgenden Semestern in Veranstaltungen zur Translokation von Kunst- und Kulturgütern, zur Geschichte des Sammelns und des Kunstmarktes sowie zu Rechtsfragen des Kunsthandels und Kulturgutschutzes Fachwissen vertieft und in den Zusammenhang komplexer kunsthistorischer, historischer und juristischer Fragen gestellt. Zentral für den Studiengang ist das Modul »Provenienzforschung in der Praxis«, das eine mehrtägige Exkursion, die Möglichkeit für ein mehrwöchiges Praktikum sowie eine praktische Übung in Kooperation mit unseren Partnerinstitutionen umfasst. Neben den Pflichtmodulen beinhaltet der Studiengang einen Ergänzungsbereich, mit dem die Studierenden einen besonderen thematischen Schwerpunkt legen können. Fünf abgestimmte Modulkombinationen stehen als Ergänzungsbereich zur Verfügung, mit einem jeweiligen Fokus auf Kunstgeschichte, Geschichte, Museumsstudien, Kultursoziologie, Postkolonialismus und VWL (ab WS 2010/21). Alternativ können die Wahlpflichtmodule auch nach individuellen Interessen ausgesucht und belegt werden.
Studienort Bonn
Die Universität Bonn zählt zu den größten und renommiertesten Lehr- und Forschungseinrichtungen Deutschlands. Das Kunsthistorische Institut ging aus dem ersten offiziellen Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Welt hervor und beherbergt die größte kunsthistorische Fachbibliothek an deutschen Universitäten. Mit derzeit sieben Professuren, drei Assistenten- sowie weiteren Mitarbeiterstellen wird das Fach Kunstgeschichte in seiner gesamten Breite vertreten. Darüber hinaus liegt Bonn im kulturellen Herzen Europas: Bedeutende kulturelle Institutionen und Museen befinden sich in Bonn oder in der Umgebung.
Zugangsvoraussetzungen und studiengangspezifische Anforderungen
Zugangsvoraussetzung ist ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss in Kunstgeschichte oder in einem verwandten Fach mit mindestens 60 Leistungspunkten im Fach Kunstgeschichte. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Englischkenntnisse (B2) werden vorausgesetzt, eine weitere Fremdsprache wird empfohlen. Für den Ergänzungsbereich Postkolonialismus sind zusätzlich Spanischkenntnisse (A2) Voraussetzung.
Bewerben
Der Studiengang beginnt jeweils zum Wintersemester. Für das Wintersemester 2020/21 können Sie sich in der Zeit vom 4. bis zum 31. Mai sowie vom 24. bis zum 31. August 2020 bewerben. Die Bewerbung erfolgt online unter: masterapplication.uni-bonn.de. Bei Fragen zum Bewerbungsverfahren kontaktieren Sie bitte:
Dr. Stefan Plasa
Telefon: 0228/73-60559
Studiengangsstruktur
- Studienverlaufsplan Ergänzungsbereich Postkolonialismus
- Studienverlaufsplan Ergänzungsbereich Kultursoziologie
- Studienverlaufsplan Ergänzungsbereich Kunstgeschichte
- Studienverlaufsplan Ergänzungsbereich Museumsstudien
- Studienverlaufsplan freier Ergänzungsbereich
- Studienverlaufsplan Provenienzforschung und Geschichte des Sammelns
Informieren
Wenden Sie sich bei Fragen gerne an uns:
Jun.-Prof. Dr. des. Ulrike Saß
Juniorprofessorin für Kunsthistorische Provenienzforschung
Telefon: 0228/73-5692
Prof. Dr. Matthias Weller, Mag. rer. publ.
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Bürgerliches Recht, Kunst- und Kulturgutschutzrecht
Telefon: 0228/73-9251
Prof. Dr. Christoph Zuschlag
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart (19. – 21. Jahrhundert) mit Schwerpunkt Provenienzforschung / Geschichte des Sammelns
Telefon: 0228/73-7523