CfP: Möglichkeiten, Herausforderungen und Konsequenzen der Digitalisierung von Museumssammlungen

Digitale Sammlungen sind inzwischen weit verbreitet. Zahlreiche Museen haben einen Großteil ihrer Objekte digitalisiert oder sind dabei, dies zu tun; spezielle Förderformate v. a. des BMBF haben universitäre Institute ermutigt, Sammlungen zu digitalisieren. Allerdings stellen Fragen der Bewertung dieses Prozesses wie auch die praktische Umsetzung Museen und universitäre Institute weiterhin vor Herausforderungen, die von der dafür erforderlichen zusätzlichen Arbeitsleistung über die Nutzungsdauer von Digitalisaten, der nachhaltigen Nutzung von Onlineportalen bis hin zu rechtlichen Aspekten und solchen der epistemologischen Konsequenzen reichen.
Ethnologische Museen und Universitätsinstitute mit ethnologischen Sammlungen stehen dabei vor ganz besonderen Erwartungshaltungen unterschiedlichster Akteure. Da diese Sammlungen oftmals in kolonialen Kontexten entstanden sind, werden sie heute zunehmend in Restitutionsdebatten eingebunden. Bieten Digitalisierungen neue Optionen der Rückkehr von Objekten an den Ort und in den Zusammenhang ihrer Entstehung, bei denen die ‚Originale‘ noch nicht einmal das Depot oder den Ausstellungsraum verlassen müssten? Entspricht eine solche Praxis der postkolonialen Agenda ethnologischer Museen und Sammlungen? Wie verhalten sich Aspekte der Materialität und Immaterialität digitaler Objekte zu Forderungen nach Zugriffsmöglichkeit der Urheber? Bieten weltweite Zugänglichkeit und das Aufbrechen visueller Ökonomien neue Chancen für eine Dezentralisierung und Zirkulation von Sammlungen? Oder zementieren im globalen Norden standardisierte Daten(bank)formate (neo-)koloniale Strukturen im Museum? Welche Rolle spielen online zugängliche ethnologische Sammlungen in der Provenienzforschung? Wie werden Fragen der Aura, der Unikate und des didaktischen Potentials im Licht der neuen Möglichkeiten beurteilt?

Die AG Museum und die AG Materielle Kultur stellen diese Fragen ins Zentrum der Tagung, die am 10. und 11. September in Köln und Bonn stattfinden wird.

Wir freuen uns auf Beiträge, die sich mit der Digitalisierung ethnologischer Museums- und universitärer Sammlungen auseinandersetzen und ihre Chancen und Probleme analysieren. Insbesondere sollen Aspekte der Digitalisierung (Materialität/Immaterialität, Original/Kopie, Musealisierung als Fetischisierung, technische Probleme, Handlungspraktiken und Transformationen in den Institutionen, Kontinuität von Projekten, Messung ihres Nutzens) und der Besonderheiten ethnologischer Sammlungen (Heterogenität der ‚Objekte‘; Berücksichtigung postkolonialer Agenden, Taxonomien und ‚secret/sacred‘ Bestände; digital return/repatriation, digital gap) sowie möglicherweise die Frage nach einem Code of Ethics für die Digitalisierung diskutiert werden.

Artikel-Informationen

26. Mai 2020

Möglichkeiten, Herausforderungen und Konsequenzen der Digitalisierung von Museumssammlungen, 10.09.2020 – 11.09.2020 Frankfurt am Main, in: H-Soz-Kult, 25.05.2020, <www.hsozkult.de/event/id/termine-43004>.