Im April 1938 schenkte der Göttinger Unternehmer Max Raphael Hahn dem Städtischen Museum Göttingen zwei Alabastervasen (Inventar-Nr. 1938/229 + 230). Wahrscheinlich handelt es sich um die beiden Vasen auf einem Foto, das ein Detail der Wohnungs-einrichtung von Max Raphael Hahn im Haus Merkelstraße 3 in Göttingen zeigt.
Max Raphael Hahn war mit seinem Bruder Nathan Hahn Besitzer der „Rohhäute- und Fellgroßhandlung Raphael Hahn Söhne OHG“ und der „Gallus Schuhfabrik GmbH“. Sie waren die mit Abstand vermögendsten und angesehensten Mitglieder der Göttinger jüdischen Gemeinde. Beide Brüder und ihre Ehefrauen wurden nach der Reichspogromnacht im November 1938 verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen. Die Kinder beider Familien konnten ins Ausland emigrieren. Nathan Hahn verzog 1939 mit seiner Ehefrau nach Hamburg, sein Bruder und dessen Frau folgten 1940. Nathan und seine Frau Betty wurden am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt und zwei Monate später nach Auschwitz deportiert und dort 1943 ermordet. Max Raphael und Gertrud deportierte man im Winter 1941 nach Riga, wo sie 1942 Opfer des Völkermordes wurden. Zur Zeit der Schenkung waren die ehemals erfolgreichen Brüder Hahn als Folge der nationalsozialistischen Arisierungspolitik wirtschaftlich am Ende. Stadt, Sparkassen und Banken verweigerten Kredite, 1939 wurden ihre Unternehmen aufgelöst. In dieser Zwangslage erfolgte die Schenkung. Zur gleichen Zeit verkaufte Max Raphael Hahn dem Museum ein Sofa, zwei Stühle und einen Tisch mit passender Decke. Obwohl es sich um Verkäufe und Schenkungen handelte, ist aufgrund des Zusammenhangs offensichtlich, dass diese Transaktionen nicht freiwillig erfolgten, sondern eine Folge der wachsenden wirtschaftlichen Notlage der Familie Hahn waren. Wie die Möbel müssen die Vasen daher als „arisiertes“ Kulturgut betrachtet werden. 1942 tauschte das Städtische Museum Göttingen die beiden Vasen bei einem gewissen „Hillebrecht“ gegen andere Objekte ein. Die Identität des Tauschpartners ist ebenso unbekannt wie der Verbleib der Vasen, die an die Erben von Max Raphael und Gertrud Hahn als rechtmäßige Eigentümer zurückzuerstatten sind. Jeder Hinweis, der bei der Suche weiterhilft, ist wichtig! Bei Rückfragen und Hinweisen wenden Sie sich bitte an das
Städtische Museum Göttingen