Die Frage nach dem Umgang mit „treuhänderisch“ verwahrtem Kulturgut bzw. Raubgut betrifft Bibliotheken, Archive und Museen sowie jüdische Institutionen.
Während die gängigen Erwerbungsarten in Kultureinrichtungen, wie Kauf, Geschenk, Pflicht und Tausch übliche Geschäftsvorgänge darstellen und im Rahmen der NS-Provenienzforschung kritisch untersucht werden, sind mit Auflagen versehene Übernahmen und Verwahrungen, wie Treuhand, Leihgaben oder Legaten aber auch staatliche Zuweisungen im Kontext von NS-Kulturgutraub und staatlichen Transformationsprozessen bislang wenig beachtet worden.
In deutschen und österreichischen Bibliotheken, Archiven und Museen kann es sich hierbei um (Raub-)Objekte handeln, die von NS-Institutionen zwischen 1933–1945 in NS-Deutschland und in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten geraubt wurden bzw. in der Nachkriegszeit an öffentliche Einrichtungen weltweit übergegangen sind und die problematische Provenienzen aufweisen können. Jüdische Organisationen hingegen übernahmen nach der Shoah oftmals erblose Objekte, da man diese nicht an die Nachfolgestaaten des „Dritten Reiches“ verfallen lassen wollte.
Hinzu kommen Besitztransfers im Zuge der Rückgabebemühungen der Sammelstellen aber auch staatlicher Transformationsprozesse des 20. Jahrhunderts, insbesondere die postfaschistischen und -kommunistischen Staaten betreffend. Damit stehen Institutionen vor der Herausforderung sich mit der rechtlichen Situation jener übernommenen Kulturgüter zu befassen, die in den Bestand als Besitz aber nicht als Eigentum integriert wurden und bei denen oftmals unklar ist, ob und in welchem Ausmaß Restitutionsbemühungen stattgefunden haben.
Ausgehend von der Frage, wie bislang in Bibliotheken, Archiven und Museen mit „treuhänderisch“ übernommenen Kulturgütern umgegangen wurde, werden BibliothekarInnen, HistorikerInnen, Sammlungsbeauftragte und RechtsexpertInnen aus dem In- und Ausland eingeladen, strukturierte Vorgehensweisen zu erörtern und die Anforderungen, Chancen und Grenzen eines adäquaten Umgangs mit illegitim erworbenen Objekten im Rahmen einer „treuhänderischen Übernahme“ interdisziplinär zu diskutieren.
Forschungsleitende Fragekomplexe können dabei sein:
- Rechtliche und historische Aspekte des Themas
- Fallbeispiele für „treuhänderische“ Übernahmen
- Umgang mit „treuhänderischen“ Übernahmen vor und nach 1945
Die Vortragssprachen sind Deutsch und Englisch.
Die Ergebnisse sollen in einem Tagungsband veröffentlicht werden.
Bitte senden Sie uns Ihren Vorschlag mit Titel und Abstract (max. 3.000 Zeichen) sowie einen kurzen Lebenslauf per E-Mail bis 19. Dezember 2016 an .
Eine Veranstaltung des Arbeitsbereichs NS-Provenienzforschung der Universitätsbibliothek Wien in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB), der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich, des Arbeitskreis Provenienzforschung und Restitution–Bibliotheken, des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V., der Kommission für Provenienzforschung, der Abteilung für Restitutionsangelegenheiten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG Wien) und dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus.
Call for Papers zum Download als PDF
https://provenienzforschungstagung2017.univie.ac.at/